Am Mittwochabend hatte der DS-Kurs des 12. Jahrgangs unter Regie von J. Meier zur Inszenierung des Stückes „Das perfekte Geheimnis“ geladen.
Ein Abendessen, dreieinhalb Pärchen und eine ganz verrücke Idee: „Lasst uns ein Spiel spielen: Wir legen die Handys auf den Tisch und lesen alles vor, was an Nachrichten ankommt. Anrufe werden auf Lautsprecher gestellt…“ Was als normaler Abend unter Freunden mit biodynamischem Rotwein beginnt, entwickelt sich zu einer Zerreißprobe für die Freunde: Misstrauen, Argwohn und viele unterdrückte Emotionen kommen mit jedem Klingeln, jeder neuen Nachricht und jedem neuen Anruf zum Vorschein. Der Spießrutenlauf aus bissigen Kommentaren und wechselnden Allianzen beginnt…
Da wären der Schönheitschirurg Rocco und seine Frau Eva, ihres Zeichens Psychoanalytikerin mit körperlichen Komplexen, die sie sich aber nicht von ihrem eigenen Mann operieren lassen möchte – auch auf Anraten ihres Vaters, der der Expertise des Schwiegersohns offenbar kein Vertrauen schenkt. Nicht nur, dass Roccos Verhältnis zur pubertären Tochter weitaus harmonischer ist, kippt zusätzlich Öl ins Feuer der Eheleute. Auch die Tatsache, dass er wortlos seit einem halben Jahr eine Therapie macht, ist ein Geheimnis, das seiner Frau an diesem Abend nicht verborgen bleibt.
Aber auch auf anderen Wiesen ist das Gras nicht grüner: Bei den Eheleuten Lele und Carlotta kriselt es heftig, schon seit einem Autounfall vor längerer Zeit, bei dem Lele sich der falschen Selbstbezichtigung schuldig gemacht hat, um seine betrunkene Frau und die Familie zu schützen. Die Beziehung leidet unter ihren Schuldgefühlen, statt Kommunikation sind beide in digitale Affären geflüchtet. Um dieses Geheimnis zu wahren, überredet Nele Freund Peppe, der mal wieder ohne seine bessere Hälfte gekommen ist, die Handys zu tauschen, weil er in freudiger Erwartung des abendlichen sexy Selfies seiner Bekanntschaft ist. Durch die Verkettung unglücklicher Umstände kommt dann Peppes über Jahre verheimlichte Homosexualität ans Licht. Die homophoben Anfeindungen Cosimos treffen zunächst fälschlicherweise Lele, der sich bestürzt zeigt von den aggressiven verbalen Attacken des Freundes.
Allerdings hat Cosimo kaum Zeit, sich aufzuregen, weil er sich seinerseits selbst die Finger verbrennt an den vielen heißen Eisen, die er im Feuer hat. Obwohl die frisch gebackene Ehefrau Bianca die Pille abgesetzt hat, ist Arbeitskollegin Marika schwanger von ihm. Prompt fängt er sich eine Ohrfeige von Eva und dem Zuschauer wird klar, wer eigentlich die Ohrringe bekommen hat, von denen im Telefonat die Rede war…
Der Abend endet in einem großen Desaster, dabei hat noch keiner das Tiramisu probiert!
Aber J. Meier stellt seine Inszenierung auf Pause, spult zurück zum Anfang des Abends – als die Welt noch in Ordnung war – und gibt der Geschichte eine alternative Wendung: Ein Ende ohne Wahrheiten, in dem alles beim Alten bleibt. Das wohl weitaus realere Ende, denn wer lässt andere tatsächlich in der „Blackbox seines Lebens“ herumwühlen?
Das Stück ist ein Dolchstoß in die Mitte unseres durchgetakteten Alltags und bringt Missstände ans Licht, indem es auf unbequeme Wahrheiten aufmerksam macht: Es thematisiert unseren Umgang mit privaten Daten auf und in unseren Medien, den Umgang mit dem Handy generell, das bei vielen mittlerweile offiziell als Körperextension anerkannt ist. Ohne geht man nicht mehr aus dem Haus. Es thematisiert Freundschaft, Vertrauen und Gruppendynamik. Und es thematisiert das Spannungsverhältnis zwischen Selbstinszenierung und Doppelleben: Was verheimlichen wir? Und warum?
Wieder einmal zeigt sich, wie gut das Theater geeignet ist, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und unbequeme Fragen zu stellen, während es im gleichen Moment das Publikum mit Humor aufzuheitern vermag. Und den Darsteller:innen hat es ebenfalls sichtlich Spaß gemacht!












DUB