Der Politik-LK holt Sicherheitspolitik vom Lehrbuch in die Realität
Politik beginnt, wenn du morgens den Lichtschalter anmachst oder den Wasserhahn aufdrehst. (K. Vieregge)
In wenigen Monaten steht für den 13. Jahrgang das Abitur an. Gemäß dem Kerncurriculum beschäftigte sich der Politik-Leistungskurs mit dem Thema „Friedenssicherung als nationale und internationale Herausforderung“, erörterte die deutsche Sicherheitspolitik sowie die Rolle der Bundeswehr. Eine Landkarte jedoch bloß zu studieren, hat noch niemanden ans Ziel gebracht – daher setzte der Kurs von B. Hasselmann die Theorie in die Praxis um und buchte Zugtickets nach Berlin. Dank Oberstabsfeldwebel Andreas Paul Schöniger stand ein Gespräch mit Kerstin Vieregge sowie ein Besuch im zweiten Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung auf dem Programm.
Der 13. Dezember begann mit einem Taschenvergleich – wer hatte die kleinste Tasche und wer wiederum ein Gepäckstück dabei, mit dem man auch zwei Wochen hätte verreisen können? –, einem Geburtstagsständchen (nicht für Taylor) und einem erheiternden Telefonat mit Nico R. aus O., der mit einem anderen ICE nach Berlin fahren würde. Doch nicht nur wir waren auf die Idee gekommen, in die Hauptstadt zu reisen: Die Ankunft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj machte sich durch zahlreiche Straßensperren und ein großes Polizeiaufgebot bemerkbar.
Am Montagmorgen ging es früh los in Richtung Bendlerblock. Dort trafen wir unter verschärften Sicherheitsbedingungen auf Hauptmann Florian Rüb von der Bundeswehr, der den Schülerinnen und Schülern einen interessanten Einblick in die Tätigkeitsfelder von Heer, Marine und Luftwaffe sowie der jüngsten Teilstreitkraft, dem Cyber- und Informationsraum, bot. Nach einem umfangreichen Zahlen- und Faktencheck diskutierte der Kurs mit ihm unter anderem über Waffenlieferungen und den neuen Wehrdienst.
Anschließend führte A. Schöniger durch das Ministerium, über den „roten Teppich“ im Atrium – ein Kunstwerk von Via Lewandowsky, das die Zerstörung Berlins nach dem 2. Weltkrieg aus der Vogelperspektive zeigt – hin zum Paradeplatz mit dem Ehrenmal der Bundeswehr zum Gedenken an die rund 3.400 im Dienst verstorbenen Bundeswehrangehörigen. Außerdem besichtigten wir die angrenzende Gedenkstätte Deutscher Widerstand, die an das Attentat vom 20. Juli 1944 und die ermordeten Widerstandskämpfer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg erinnert.
Am Nachmittag waren wir im Bundestag zu Gast, um mit der Schaumburger Bundestagsabgeordneten Kerstin Vieregge über ihre Arbeit im Verteidigungsausschuss zu sprechen. Im kleinen Kreis stand sie den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort und beeindruckte mit ihren Einschätzungen, etwa zur aktuellen Bedrohungslage. Die Diskussion knüpfte an die Gespräche des Vormittags an; es ging unter anderem um die neue Wehrpflicht, wobei Vieregge auch die Meinung der Schülerinnen und Schüler zur Bundeswehr interessierte. Offen schilderte der Kurs Bedenken hinsichtlich Ausbildungsmöglichkeiten und strenger Regularien. Vor allem die Einschränkung des Wohnortes durch häufige Standortwechsel senke die Attraktivität des Dienstes – insbesondere mit Blick auf eine spätere Familienplanung. Offen nahm sie diese Anregungen zur Kenntnis, erörterte mit den angehenden Abiturientinnen und Abiturienten weitere offene Baustellen ihrer politischen Arbeit und schloss mit einem grundlegenden Gedanken: Am Ende des Tages sollte jeder für sich klären, wo im Falle eines „Worst-Case“-Szenarios der eigene Platz ist – ob bei der Bundeswehr, der freiwilligen Feuerwehr oder bei der hilfsbedürftigen Nachbarin nebenan.
Mit vielen Eindrücken aus diesem ereignisreichen Tag ließen wir – ohne Präsident Selenskyj tatsächlich zu Gesicht zu bekommen – den Abend in Berlin ausklingen. Auf der Rückreise kamen wir schließlich doch noch in den Genuss der sprichwörtlichen Pünktlichkeit der Deutschen Bahn, nachdem die Hinfahrt überraschenderweise ohne Verspätung verlaufen war. Gerüchten zufolge wurde das korrekte Lesen und Berechnen von Uhrzeiten im Politikunterricht nachgeholt – bestimmt keine unnütze Kompetenz für die baldigen Abiturientinnen und Abiturienten, sofern der zukünftige Arbeitgeber nicht Deutsche Bahn heißt.












Text: DUB, Fotos: DUB, Schöniger